Wörter

Heimatlos
Wohne ich in den Wörtern
Den Trauer tragenden
Den gefangenen
Mustapha Khayati, hörst du mich?
Sitz der Macht ist die Sprache
Dort marschieren die Polizeipatrouillen
Wir brauchen keine Poetenzirkel mehr
Wir brauchen keine Nobelpreisträger mehr
Bei mir im Viertel opfert man unschuldige Dichter 
Rapper mit weiten Hosen und Schnee in den Augen
Werfen Wörter schnüffelnden Kids Reime zu
Hinfallen und Aufstehen: die Kunst des Dichters
Jean Genet, hörst du mich?
Obdachlos sind meine Wörter
Dösen auf den Bänken am Klafthmonos-Platz
Unter Ikea-Kartons
Meine Wörter kommen in den Nachrichten nicht vor
Gehen jeden Abend auf den Strich
Meine Wörter sind Proletarierinnen, Sklavinnen wie ich
Stehen am Fließband Tag und Nacht 
Will keine Totenklagen mehr hören
Will keine Zivilistenverben mehr
Brauche eine neue Sprache, keine Zuhälterei
Warte auf eine Revolution, die mich neu erfindet
Begehre die Sprache des Klassenkampfs
Eine Sprache, die nach Aufruhr schmeckt
Die will ich formen!
Ach, welch Hochmut
Ist gut, ich gehe
Doch schau, auf meinem Gesicht liegt der Widerschein einer neuen Poesie
Kein Wort soll in Gefangenschaft bleiben
Ich suche ein Schlupfloch
Übertragen von Michaela Prinzinger